Head

Head Graphene Touch MXG3

4.44 4.44 Sterne Testbericht
von Georg Weidinger Georg Weidinger

Einleitung

Für mich als offensiven Grundlinienspieler, der auch gerne mal Risiko in seinen Schlägen nimmt oder ans Netz kommt um Punkte für sich zu entscheiden, ist es immer wichtig, dass alle Eigenschaften eines Rackets in einem gesunden Verhältnis stehen. Viel Power und Spin sind zwar etwas, das sich nahezu jeder ambitionierte Medenspieler von seinem Schläger wünscht, allerdings sollte die Kontrolle dabei nicht zu kurz kommen. Immerhin möchte man ja in jedem Fall, dass die Kugel möglichst platziert und mit guter Länge im Feld landet. Beim ersten Blick auf seine Eckdaten lässt der neue Head MXG3 vermuten, dass er in genau die Kerbe jener Spieler schlagen möchte, welche in ihrem Spiel auf Power und Spin aufbauen bzw. diese Attribute an einem Racket suchen. Ein leichter gut manövrierbarer Schläger mit breitem hartem Rahmen und offenem Saitenbild, das lässt bereits am Papier schon mal einiges vermuten und auch der ein oder andere Vergleich drängt sich natürlich auf. Ob der Head MXG3 (nur) diese Klischees erfüllt, oder ob er in gewissen Bereichen sogar zu überraschen weiß, könnt ihr nachstehend in der Detailbewertung lesen.

Optischer Eindruck

Optischer Eindruck

Beim Auspacken des Rackets musste ich erst mal kurz inne halten. Die neue 3D-Chassis aus Magnesium im Schlägerherz springt einem ja direkt ins Auge! Mhm, finde ich das gut? Definitiv! Es hebt sich schön vom Rest des größtenteils eher dunkel und matt gehaltenen Designs ab und gibt dem Racket einen futuristischen Look. Spieler, die in Punkto Design eine eher aufgeschlossene Haltung haben und nicht zu monochromen „Boxbeam“-Rahmen tendieren, sollten also schon mal rein aufgrund der Optik einen Blick riskieren.

Das Auge spielt ja bekanntlich mit ;)

5

Im Spiel

Grundschläge

Durch das weite Saitenbild und die größere Schlagfläche ergab sich anfangs ein relativ hoher Absprungwinkel der Bälle vom Saitenbett. Da ich meistens mit  kontrollorientierten Turnierschlägern spiele und mein Spiel eher in Richtung „Topspin-Drive“ geht, war eine kurze Eingewöhnungsphase notwendig. Nach ca. 30 min hatte ich meinen Schwung allerdings soweit adaptiert, dass alle Bälle mit guter Länge im Feld landeten. Der Schläger fordert einen regelrecht dazu auf, ein bisschen mehr Spin in seine Schläge zu packen als man es vielleicht normalerweise tun würde, aber das hilft bezogen auf die Konstanz ungemein. Auch meine Fehlerquote konnte ich dadurch mit der Zeit deutlich reduzieren. Das führt mich allerdings  im Umkehrschluss auch zu meinem einzigen wirklichen Kritikpunkt, denn einen Ball einfach mal gerade ohne viel Spin ins Eck zu zimmern, ist vielleicht nicht die große Stärke des Schlägers. Es funktioniert mit mehr Spin und höherer Flugkurve einfach besser. Trotzdem, egal ob defensiv-“Gewühl“ oder Angriff, Topspin oder Slice, der Schläger macht alles mit und nimmt die Kommandos, die man ihm gibt, sehr gut an. 295 Gramm unbespannt sind im Vergleich zu meinem aktuellen Schläger, dem Head Graphene XT Prestige Pro, doch eher leicht, allerdings hatte ich auch mit dem MXG3 keine Probleme gegen sog. „Hardhitter“ zu bestehen. Oft wird man ja mit einem leichten Schläger einfach vom Platz gedrückt, weil ein bisschen Masse hinter den Schlägen fehlt, allerdings war das hier nicht der Fall. Zumindest wenn man immer brav durchschwingt und einem heranrauschenden Vorhandkracher etwas entgegensetzt.  Beim Treffpunkt sei noch erwähnt, dass der Schläger bei unsauber getroffenen Bällen ein bisschen an Power verliert. Tatsächlich finde ich den Sweetspot aber ausreichend groß  und traue mich daher zu behaupten, dass wir es alles in allem mit einem Racket zu tun haben, das viele Fehler verzeiht. Ansonsten konnte ich aber kaum etwas finden, das mich bei Schlägen von der Grundlinie wirklich gestört hätte.

4

Volleys

Am Netz war der MXG3 die größte Überraschung für mich! Er war leicht zu manövrieren und absolut solide und stabil beim Setzen der Volleys. Das hätte ich mir anfangs ehrlich gesagt nicht gedacht. Manchmal haben leichtere Rackets ein Problem mit der Torsion bei unsauber getroffenen Bällen, aber das war hier kaum merkbar. Klar, für Half-Volleys und Volley-Stops gibt es wahrscheinlich besser geeignete  Rackets mit einem Tick mehr „Touch“, aber wenn man bedenkt über welchen Typ Schläger wir hier reden, war das schon beeindruckend.

5

Aufschlag

Beim Aufschlag ging es mir ähnlich wie bei den Grundschlägen. Da ich eher gerader serviere, hatte ich anfangs leichte Probleme die Bälle konstant ins Feld zu bringen. Wenn man allerdings ein bisschen mehr Kick in seine Aufschläge packt sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Knallhart durch die Mitte konnte ich zwar nicht konstant servieren, aber Aufschläge, die den Gegner aus dem Feld treiben, waren mit dem MXG3 sehr leicht zu realisieren. Mir persönlich wäre der Schläger für meine Aufschläge ein bisschen zu wenig variabel, aber ich war trotzdem in der Lange äußerst unangenehme und harte Aufschläge  zu produzieren, welche für meine Gegner sehr schwer zu retournieren waren. Auch die Fehlerquote kann man bei diesem Racket mit ein bisschen mehr Spin deutlich reduzieren und oft frage ich mich, ob das im Hobbytennis nicht eigentlich viel wichtiger wäre als ein Ass mehr oder weniger...

4

Return

Beim Rückschlag konnte ich mich bis zum Schluss nicht so 100% auf das Racket einstellen. Wenn ich, beispielsweise bei zweiten Aufschlägen, genügend Zeit hatte auszuholen und den Ball sauber zu treffen, war es leicht dem Aufschläger die Kugel wieder unangenehm vor die Füße zu knallen. Falls dann allerdings doch mal der erste Aufschlag kam und mir die Zeit zum Ausholen fehlte, hatte ich phasenweise echte Probleme einen kontrollierten Return zu spielen. Da fehlte mir einfach ein bisschen die Masse, die es ermöglicht den Ball auch mal mit einem abgekürzten Schwung ins Feld zu blocken.

4

Detailbewertung

Komfort

Eine angegebene Rahmenhärte von 72RA würde auf den ersten Blick eher vermuten lassen, dass der Schläger dauerhaft auf den Arm geht. Tut er zu meinem Erstaunen allerdings (fast) überhaupt nicht! Bei sauber getroffenen Bällen hat man nahezu keine Vibration am Arm. Auch bei Treffern außerhalb des Sweetspots sind kaum Vibrationen merkbar. Nur bei Rahmentreffern prellt er ab und zu mal ein bisschen durch, aber auch das hält sich angesichts der Werte in Grenzen und bei einer Kopfgröße von 645cm2 sollten Rahmentreffer auch nicht allzu oft vorkommen. Müsste ich hier einen Vergleich zu einem bekannten französischen Hersteller anstellen, würde ich den Head fast sogar als komfortabel bezeichnen. Ich bin schon seit Jahren Armpatient, allerdings hatte ich nach den Tests keine Schmerzen im Arm, welche auf die Rahmenhärte zurückzuführen gewesen wären. Außerdem befindet sich im Inneren der Magnesium Chassis ein zusätzliches Dämpfungselement durch welches die mittleren vier Längssaiten geführt werden. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses kleine grüne Ding auch seine Wirkung hat und im Gegensatz zu einem herkömmlichen „Vibrastop“, welcher ja nur die Vibration der Saiten dämpft, auch ein bisschen die vom Rahmen kommenden Vibrationen abfängt. Weiters setzt Head auf die neue „Graphene Touch“ Technologie welche ebenfalls zusätzlich Vibrationen vom Rahmen vermeiden soll. Punkto Bespannung würde ich euch allerdings nicht empfehlen mit mehr als 24kg – max. 25kg zu besaiten. Dann könnte er vielleicht in Verbindung mit einer harten Poly doch auf den Arm gehen.

4

Kontrolle

Die Kontrolle mit dem Schläger war zusammengefasst erstaunlich gut. Allerdings immer unter dem Aspekt gesehen, dass man ein bisschen mehr Spin in seine Schläge packen muss. Wer das von Haus aus tut, muss glaube ich keine Abstriche machen. Im Gegenteil. Sowohl die Kontrolle über die Länge als auch die seitliche Platzierung ist bei entsprechendem Schwung ausreichend vorhanden. Zu erwähnen ist noch sein Spielgefühl, welches mir richtig gut gefallen hat. Das Racket spielt sich zwar modern, aber auch sehr solide. Vor allem unter Berücksichtigung des geringen Gewichts war das eine absolut positive Überraschung. Ein „hohles“ Spielgefühl, wie man es bei diesem  Schlägertyp oft findet, hat der Head ganz und gar nicht. Alles fühlt sich sehr satt und kontrolliert an und man bekommt ein gutes Gefühl dafür, wann der Ball das Saitenbett wieder verlässt. Gerade bei Stops und Volleys war das für mich sehr gut spürbar. Ausgeliefert wurde das Testracket übrigens mit einer Wilson Revolve in der Stärke 1,25. Anfangs hatte ich meine Bedenken, ob diese Kombination für mich funktionieren würde, da die Revolve eher unter den weichen Co-Polys angesiedelt ist, allerdings wurde ich auch hier positiv überrascht. Wer die Kontrolle noch ein bisschen steigern möchte, dem würde ich empfehlen, den Schläger mit einer weniger lebendigen Poly zu bespannen. Um bei den hauseigenen Saiten (und in der gleichen Preisklasse) zu bleiben, wäre hier eventuell die Sonic Pro Edge 1,25 eine Alternative.

4

Spin

In dieser Kategorie konnte der Head wie erwartet voll punkten. Gerade in der Verbindung mit der Wilson Revolve produziert der Schläger Spin ohne Ende. Der Standard, um es einmal so zu bezeichnen, wäre ja ein 16x19 Saitenbild, wie man es oft bei der Konkurrenz oder auch anderen Serien von Head findet. Das 16x18 Saitenbild des MXG3 lockert das Saitenbild durch eine weitere fehlende Quersaite nochmal auf und ermöglicht es den Saiten noch ein bisschen besser zu verrutschen und so noch einen Tick mehr Drall zu produzieren. Der Output an Spin bleibt bei diesem Racket trotzdem immer kontrolliert.

5

Power

Irgendwie war es ja konstruktionsbedingt klar, dass der Schläger eine Menge Power liefern würde. Das Klischee „Powerhouse“ hätten wir also erfüllt oder? Nein, es handelt sich nämlich um kontrollierte Power und ist es nicht genau das, was viele von uns suchen? Sofern man den Ball immer sauber im Sweetspot trifft, hat der MXG3 bei allen Schlägen  mehr als genügend Power und gibt zu jeder Zeit ein gutes Gefühl für deren Dosierung.

5

Vorteile/Nachteile zu anderen Rackets

Einen Vergleich mit meinem aktuellen (Turnier)Schläger, dem Head Graphene XT Prestige Pro, anzustellen wäre wahrscheinlich eine Themenverfehlung. Dafür sind die beiden Schläger einfach zu unterschiedlich. Interessanter wird es allerdings, wenn man sich beispielsweise einen Babolat Pure Drive, Völkl V-Sense 8 (300g Version) oder einen Prince Warrior 100 Textreme ansieht. Diese Schläger konnte ich nämlich kürzlich testen und bezogen auf die Werte und Konstruktion lässt sich hier ein guter Vergleich anstellen. Besonders der V-Sense 8 und der Warrior 100 zwingen sich ja fast schon zum Vergleich auf, da sie ebenfalls ein 16x18 Saitenbild besitzen und mit 300g unbespannt nur 5 Gramm schwerer sind. Diese beiden Rackets finde ich auch in ihren Spieleigenschaften sehr ähnlich zum Head. Was den Spin angeht spielen sie alle in der gleichen Liga. Was die Power bei Grundschlägen betrifft, würde ich allerdings den V-Sense 8 favorisieren. Eher deshalb, weil er den wenigsten Dampf hat und in meinem Fall bei gerader geschlagenen Bällen am wenigsten die Gefahr besteht zu „überpowern“. Punkto Touch und Stabilität punktet der Head. Das ist für mich sehr überraschend, weil der MXG3 der Leichteste von den Dreien ist, aber speziell bei Volleys und voll geschwungenen Grundschlägen war das Gefühl echt top! Der Babolat Pure Drive ist ebenfalls einen Vergleich wert. Diesen Schläger konnte ich in der vergangenen Saison öfters testen. Ein sehr guter, leicht zu spielender Schläger mit unglaublich viel Power, aber er geht mir dauerhaft einfach auf den Arm. Außerdem war es mir bis zum Schluss nicht möglich Bälle mit Gefühl in Form von Volleys, Half-Volleys oder Volley-Stops sauber und platziert ins Feld zu legen weil mit einfach der „Touch“ fehlte. Vielleicht war das aber auch einfach nur ein Defizit meinerseits... Als kleinen Vorteil des Babolat würde ich vielleicht seinen minimal besseren Durchzug gegen härter schlagende Gegner erwähnen. Ansonsten macht der Head MXG3 aus meiner Sicht alles mindestens genau so gut oder besser.

Fazit

Ich hatte in den vergangenen zwei Wochen die Möglichkeit den Head MXG3 in insgesamt vier Sessions zu je 1,5 Stunden zu testen. Mein aus den Tests gewonnener Eindruck ist durchwegs positiv, denn eigentlich gibt es keine Kategorie, in welcher der Schläger schlecht abschneidet. Auch die wenigen angeführte Kritikpunkte sind nur auf meine persönlichen Präferenzen zurückzuführen und sollten damit keine allgemeine Gültigkeit haben. Seine Stärken liegen wie vermutet eindeutig in Power, Spin und guter Manövrierbarkeit, allerdings hat mich am MXG3 auch überrascht, dass er so ein solides Spielgefühl bietet. Ich kann das Racket somit für eine sehr breite Masse an Spielern empfehlen, welche auf diese Eigenschaften besonders wert legen. Das Gesamtpaket MXG3 ist Head absolut gelungen. Testen lohnt sich auf jeden Fall!

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