VCore Pro 100

Mein Spielstil ist eher offensiv ausgerichtet und daher werden Schläger mit einer ausgewogenen Balance zwischen Power und Kontrolle von mir bevorzugt. Ebenfalls ist für mich grundsätzlich wichtig, dass der Schläger den von mir mitgegebenen Spin gut annimmt und auf den Ball überträgt. Der Babolat Pure Drive hat diese erwünschten Eigenschaften aus meiner Sicht schon recht gut vereint und war daher in den letzten Jahren mein überwiegend gespieltes Racket. Gerne habe ich die Einladung zum Test des Yonex VCore Pro 100 angenommen, um mögliche Weiterentwicklungen und Verbesserungen selbst auszuprobieren. Der Testzeitraum war vom 8.5. bis 14.5. 2018. 

Der Yonex VCore 100 ist ein optisch sehr schöner Schläger in mattschwarzer bzw. dunkelblauer Grundfarbe mit orangenen und weißen Schriftbildern, die sehr gut

miteinander harmonieren. Sehr praktisch und gleichzeitig gut durchdacht ist die vertiefte Saitenführung am äusseren Rand des Schlägers, wodurch Beschädigungen der Saiten z.B. bei Berührungen am Boden oder beim Ausklopfen an den Schuhen vermieden werden können.

Zusammen mit dem z.B. im Vergleich zum Babolat Pure Drive relativ schmalen Rahmen wirkt das Racket hochelegant. Ein echter Hingucker, zumal die Yonex typische breitere Ausformung des oberen Schlägerrahmens gar nicht so „klobig“ wie ursprünglich vermutet daherkommt. Schon beim Auspacken also bereits ein erstes großes „Plus“!

Gleich die ersten Schläge mit dem neuen Yonex zeigten seine enormen Möglichkeiten für schnelle und powergeladene Drives. Ich hatte das Gefühl, dass bei gleichem Schwung im Vergleich zu meinem aktuellen Schläger 1-2 Meter mehr Länge hinzugewonnen werden konnte. Sicher für das eigene Spiel zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber durchaus effektiv und letztlich erwünscht!

Auch am Netz ist der Yonex eine Klasse für sich. Obwohl er mit 300 g sicher kein leichter Schläger ist, kann man mit ihm auch auf aggressive Schüsse „auf den Mann“ dank seiner guten Manöverierbarkeit schnell reagieren. Volleys können „ satt und trocken“ gesetzt werden und das bereits bei den Grundschlägen festgestellte Plus an Länge ist ein gern akzeptiertes Asset des Japaners. Auf der anderen Seite hilft der Schläger mit guten Rückmeldungen z.B. auch bei butterweichen Volleystops. Das ist m.E. sehr selten, dass man mit einem Spielgerät beiden Anforderungen-Reaktion auf „Hardhitters“ und gefühlvolles Setzen von Stopbällen / Halfvolleys etc gerecht werden kann.

Auch beim Aufschlag unterstützt die enorme Beschleunigungsfähigkeit des Schlägers jeden Spieler, der es auch mal „ordentlich krachen“ lassen will. Der zweite Aufschlag mit mehr Schnitt funktioniert auch; allerdings fällt es einigermaßen schwer; hier einen „Wahnsinns-Kick“ anzubringen.Das kann natürlich am Spieler oder auch an der Besaitung liegen. Aber einen kleinen Abstrich würde ich hier schon machen wollen.

Die guten Eigenschaften des Schlägers bei den Grundschlägen zeigen sich auch beim Return: Wenn man genügend Zeit für eine ausladende Aushol-/ und Schwungbewegung hat, unterstützt der Schläger sehr beim Aufbau eines wirklich tollen „wawrinkaesken“ Schusses. Bei wenig Zeit für den Return kommt dem Spieler die sehr gute Manövrierbarkeit des Schlägers zugute, um schnell auf aggressive Aufschläge mit Chips , „Becker -Blocks“ oder ähnlich kurzen Schlägerbewegungen zu reagieren.

Der Yonex spielt sich sicher auch wegen seiner Grösse von 645 in2 (großer Sweetspotbereich) und dem speziellen Super Cushion Grip recht komfortabel. Allerdings wird schnell klar, dass es den Entwicklern nicht um einen reinen Komfortschläger, sondern um ein aggressives Turnierracket gegangen sein muss. So ist vielleicht auch  ein leichtes Vibrieren des Schlägers bei nicht genau im Sweetspot getroffenen Bällen oder bei extrem harten Schlägen des Gegners zu erklären, was sich aber in erträglichen Grenzen hält und auch bei intensiver Nutzung keinerlei Armbeschwerden o.ä. hervorgerufen hat. 

Die Kontrolle ist bei diesem Schläger sowohl bei den Grundschlägen als auch bei Aufschlägen und Volleys überdurchschnittlich gut. Lediglich bei extrem hart geschlagenen Bällen, die nicht im idealen Sweetspotbereich getroffen werden, zeigen sich z.T erhebliche  „Streuverluste“. Aber kennt jemand einen Schläger, bei dem das nicht der Fall ist?!

Auf eine deutliche Verbesserung des Spinverhaltens wurde offensichtlich sehr viel Wert gelegt: Eine optimierte Schlägerherzkonstruktion, die mehr Drehmoment und damit mehr Spinenergie auf den Ball bringen soll; das als 16*19  ausgelegte Saitenbild mit spezieller Ösenanordnung; neue Materialien (NAMD Technologie mit elastischen Kohlefasern) etc. Und das Ergebnis ist auch wirklich bemerkenswert: Selten so eine „Spinmaschine“ erlebt, die derart aggressiv zu Werke geht. Bravo!

Die enorme Power des Schlägers habe ich bereits eingangs erwähnt: Die Schläge hatten bei gleicher Ausholbewegung und bei gleichem Schwungverhalten deutlich mehr Power und Länge als gewohnt. Eine echte Powermaschine- Stan the Man lässt grüßen!