Artengo

TR960 Control Tour

3.78 3.78 Sterne Testbericht
von Simon Zeitler Simon Zeitler

Einleitung

Ich durfte den Artengo TR960 Control Tour 16x19 testen, über mehrere Wochen konnte ich sowohl auf Asche, als auch in der Halle mit dem Racket spielen. Ich selbst bin aktiver Spieler auf Turnierlevel in München (LK 7) und spiele ein aggressives Grundlinien-Tennis mit gelegentlichen Netzangriffen. Als Linkshänder gehe ich gerne mit viel Spin auf der Vorhand und dem Aufschlag ans Werk. Normalerweise spiele ich mit einem Babolat Pure Aero VS und teste einige verschiedene Schläger auch gerne privat.

Der TR 960 ist etwas kontroll-orientierter als meine übliche Schlägerwahl, aber der Rahmen ist als Turnierschläger mit viel Kontrolle und einem 16x19 Muster sehr interessant für mich.

Optischer Eindruck

Optischer Eindruck

Der Schläger kam bei mir gut verpackt an und war bereits bespannt mit einer Polyestersaite, die wahrscheinlich auch aus dem Artengo Sortiment stammt, aber durch Lagerung und Versand wohl schon recht weich geworden war. Der Schläger macht einen guten Eindruck, scheint gut verarbeitet und auch die Farbauswahl ist aus meiner Sicht gelungen. Das Lila im Design ist sicherlich Geschmackssache, aber mir gefällt der kleine Farbtupfer auf dem sonst eher schlicht-modernen Racket.

Einziger Unterschied zu den Schlägern von etablierten Herstellern ist, dass der Lack recht dünn und ungenau an einige Stellen scheint und die Ösenbänder sind recht einfach gearbeitet. Aber für einen Schläger, dessen UVP bei der Hälfte der Konkurrenz liegt, absolut vertretbar und für das tägliche Spiel auch vernachlässigbar.
 

4

Im Spiel

Grundschläge

Der Schläger in seiner Grundform hat ein Schwunggewicht von 285 laut Artengo, mein Modell hatte selbstgemessene 283,5. Somit ist er also sehr grifflastig in der Balance und das merkt man von Beginn an bei allen Grundschlägen. Es fehlt im Vergleich zu meinen gewohnten Modellen einiges an Power und Stabilität. Trotz den 305 Gramm Gewicht fehlt somit im Grundzustand etwas an Durchschlagskraft für das moderne Grundlinienspiel, was auch mein bevorzugtes Spiel ist.
In der Defensive ist der 97er-Kopf und das grifflastige Setup auch eher schwierig zu handhaben, da man sehr präzise treffen sollte, um das Potenzial des Schlägers voll auszuspielen. Daher empfiehlt sich ein aggressives Spiel und gegebenenfalls auch regelmäßige Netzangriffe, um hier die Stärken des Schlägers auszuspielen.

Der Schläger nimmt allerdings für den recht kleinen Schlägerkopf gut Spin an, hast aber einen eher flachen Ballwinkel, trotz des relativ offenen Saitenmuster. Trotzdem sind flache Bälle eher die Stärke, bei denen man mit der Kontrolle des Rackets gut arbeiten kann. Wenn man den Sweetspot vollkommen trifft, kann man sehr präzise Schläge anbringen und durch das geringe Powerlevel auch den Arm voll durchlaufen lassen.
Neben flachen Bällen kann der Schläger auch durch einen guten Slice punkten, der an den Federer ProStaff erinnert. Der Ball bleibt flach und kontrolliert, nimmt aber Spin auf und setzt den Gegner unter Druck ohne übermäßiges Risiko des Spielers.

Nach der initialen Testphase im Originalzustand habe ich den Schläger mit einer Saite von PLYGN (Comp One) neu besaitet und einige Gramm Blei auf 3 und 9 Uhr angebracht. Danach spielte der Schläger deutlich stabiler und brachte deutlich mehr Power auf den Ball, was die Kontrolle aber nicht negativ beeinflusste. Der Schläger hatte im besaiteten Zustand 325 Gramm und ein Schwunggewicht von 312.
In diesem Setup fühlte ich mich deutlich wohler, konnte spinlastiger und stark von der Grundlinie spielen und meine Gegner deutlich besser kontrollieren.

4

Volleys

Das geringe Schwunggewicht war auch am Netz zu bemerken im Originalzustand. Zwar ist der Schläger super zu manövrieren und Reaktionen sind kinderleicht, aber besonders bei schnellen Bällen ist er recht instabil und schwierig zu kontrollieren. Dagegen waren kurz gehaltene Trickshots sehr schön und konstant spielbar bei eher langsameren Passierbällen, man muss hier nur wirklich genau treffen und technisch sauber arbeiten.

Auch hier konnte meine Modifikation eine deutliche Verbesserung darstellen, die Präzision wurde sogar besser und der Schläger konnte mit seiner Masse dann die harten Schläge deutlich besser absorbieren. Insgesamt ist der Schläger hier sehr präzise und für ein aggressives Spiel mit Netzangriffen gut geeignet, vielleicht sogar besser als für klassische Grundlinienspieler.
 

4

Aufschlag

Der Aufschlag war anfangs eine der größten Herausforderungen mit diesem Schläger. Er bietet im Originalzustand wenig eigene Power für erste Aufschläge, aber auch wenig Spin bei einem Kick- oder Sliceservice. Daher ist es recht schwierig, den Gegner hier mit dem Aufschlag bereits unter Druck zu setzen und gerade beim Zweiten das Risiko zu kontrollieren, ohne angreifbar zu werden.

Die Modifikation auf das höhere Schwunggewicht brachte hier eine Verbesserung für den ersten Aufschlag, aber leider keine signifikante Stärke bei den Kickaufschlägen, die ich sonst gerne im zweiten Aufschlag spiele. Hier fehlt dem Schläger die Höhe, man muss sehr viel mit dem Arm ausgleichen, was bei mir zu leichten Schulterbeschwerden nach einer sehr intensiven Trainingseinheit führte.

Nichts destotrotz kann der Schläger mit präzisen flachen Aufschlägen punkten, wenn durch einige Gramm Blei unterstützt. Gerade präzise Aufschläger mit einem guten Sliceservice sollten hier gut arbeiten können und mit diesem Racket Erfolg haben.

3

Return

Der Return ist bedingt durch das geringe Powerlevel und die fehlende Stabilität im Rohzustand nicht die größte Stärke des TR960, allerdings hat er jede Menge Potenzial was durch das zusätzliche Gewicht deutlich wurde. Gerade geblockte Slicereturns wurden dadurch tiefer in den Court gespielt und konnten starke Services quasi neutralisieren, was gegen gute Aufschläger ein sehr wertvolles Gut ist.
Es empfiehlt sich auch hier jedoch dringend den Schläger etwas zu stabilisieren, da die ursprünglichen Spezifikationen sehr leicht sind. Somit ist es eher schwierig, starke Aufschläge voll zu retournieren und dabei keine Probleme mit Stabilität und Präzision zu bekommen.

4

Detailbewertung

Komfort

Der Schläger fühlt sich weder sehr hart, noch sehr weich an – eine gute Mischung zwischen der nötigen Präzision und einem armschonenden Setup. Die ursprüngliche Saite war recht weich durch Lagerung und Transport, dadurch kamen einige Vibrationen zustande, die mit einer neuen Bespannung deutlich geringer wurden.
Wie bereits angesprochen, führte das geringe Powerlevel bei Aufschlägen dazu, dass ich versuchte mit meinem Arm auszugleichen und dadurch meine Schulter kurz spürte. Dies würde ich jedoch nicht dem Schläger, sondern meiner Technik zuschreiben.

Insgesamt ist der Schläger weder ein besonders komfortables Racket, das bei Armproblemen die bevorzugte Wahl wäre, noch ein besonders aggressiv hartes Spielgerät. Daher kann es allen Spielertypen ohne spezielle Probleme empfohlen werden.

4

Kontrolle

Die Kontrolle ist, wie auch schon im Namen beschrieben, die große Stärke des TR960 Control Tour. Schon im leichteren Grundzustand spielt der Schläger sehr verlässlich und kontrolliert, man kann Courtbereiche gezielt anspielen und den Arm laufen lassen, ohne grobe Fehler zu spielen oder die Angst zu haben, den Ball zu lang zu spielen.

Auch in der schwereren, angepassten Version bleibt diese Kontrolle erhalten und wird durch die erhöhte Stabilität sogar noch verbessert. Definitiv ein Schläger für Spieler, die ihre eigene Power generieren können und eher ein aggressives Spiel pflegen, ohne zu sehr in die Defensive zu geraten.

5

Spin

Spin ist nicht dewr Schwerpunkt des TR960, allerdings bietet das recht offene 16x19 Muster die Möglichkeit, die Bälle gerade mit Slice und auch mit Topspin ausreichend auszustatten. Der Ballwinkel bleibt eher flach und kontrollierbar, man kann aber auch hier mehr Spin generieren als beispielsweise mit einem klassischen Head Prestige 18x20.

Besonders hervorzuheben ist der Slice, der sehr präzise und flach gespielt werden kann – sowohl auf Grundschlägen, als auch bei Aufschlägen. Vergleichbar ist die Spingenerierung mit Rackets wie dem ProStaff 97 oder dem Yonex Vcore Pro.

3

Power

Im Grundzustand war ich hier eher enttäuscht, zur Power braucht der Schläger definitiv ein zusätzliches Gewicht in Form von Bleiband oder ähnlichen Materialien. Ansonsten ist das Powerlevel aus meiner Sicht einfach zu niedrig, als dass der normale Spieler (bis deutsche LK 3) damit im modernen Spiel bestehen kann. Gerade in der Defensive fehlt eindeutig Durchschlagskraft, die man braucht um das Spiel auf seine Seite zu ziehen.

Mit etwas Gewicht wird dieser Nachteil wieder ausgeglichen und beseitigt, womit ich den Schläger eher als sogenannten Platform Racket sehe, der durch zusätzliches Gewicht sein wahres Potenzial entfaltet. Im beschwerten Zustand ist die Power zwar nicht sehr ausgeprägt, aber ausreichend vorhanden, um aggressives Tennis zu spielen und den Gegner unter Druck zu setzen.

3

Vorteile/Nachteile zu anderen Rackets

Im Vergleich zu meinen aktuell gespielten Schlägern von Babolat besticht der Schläger natürlich durch eine deutlich verbesserte Kontrolle. Allerdings ist der Preis beim geringeren Powerlevel recht gering, gerade weil andere Schläger beides bieten können ohne diese große Einschränkung (zB Head Gravity, Yonex Vcore Pro etc).

Wer einen guten, aber günstigen Kontrollschläger sucht kann hier trotzdem gut aufgehoben sein, wenn man bereit ist, mit etwas Gewicht nachzuhelfen. Am ehesten vergleichbar ist der Schläger mit dem ProStaff 97 in 315 Gramm, welcher aber durch sein leicht höheres Gewicht auch mehr Stabilität und Power mitbringt. Wer den Schläger entsprechend anpasst, kann hier jedoch eine gute Kombination aus Power & Kontrolle zu einem unschlagbaren Preis erhalten.

Fazit

Mein Fazit für den Schläger ist, dass du diesem Preis wohl kein vergleichbar guter Schläger existiert, der auf diesem Level performed. Nichts destotrotz ist im Originalzustand hier eher ein Platform Racket gegeben, auf dessen Basis sich z.B. Profis ihre eigenen Spezifikationen aufbauen können – was aber für den generell Nutzer schwierig sein kann einzuschätzen.

Daher würde ich dem Original TR 960 Control Tour 3,5 von 5 Sternen geben – allerdings mit deutlich höherem Gesamtpotenzial mit etwas Anpassung. Mit der richtigen Saite und einigen Gramm Blei kann der preisbewusste Turnierspieler hier ein Racket bekommen, mit dem eine gute Balance aus Kontrolle und Power möglich ist.

Überzeugt?